Während in den letzten Jahren mit der EU Taxonomie Verordnung und der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) eher die Nachhaltigkeitsberichterstattung im Vordergrund stand, rückt spätestens mit dem Entwurf der Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD; COM(2022) 71 final) die Corporate Governance stärker in den Blickpunkt der Nachhaltigkeitsdiskussion. Der Richtlinienentwurf ist das Ergebnis mehrjähriger Konsultationen in der EU. Seit der Formulierung der Maßnahme 10 (Förderung einer nachhaltigen Unternehmensführung) des Aktionsplans zur Finanzierung nachhaltigen Wachstums (EU COM(2018) 97 final) im Jahre 2018 fordert die Kommission eine verstärkte Regulatorik der Corporate Governance, die sie nun mit der CSDDD umsetzen möchte.
Ziel des Entwurfs der CSDDD ist die Einführung einer Sorgfaltspflicht (Due Diligence) für Unternehmen. Diese werden damit verpflichtet, negative Auswirkungen auf Menschenrechte und Umwelt, die durch ihre Geschäftstätigkeit und entlang ihrer Wertschöpfungskette verursacht werden, zu ermitteln, zu verhindern oder zu mindern sowie darüber Rechenschaft abzulegen (vgl. WTS Journal 01/2023).
Um diesem Ziel Nachdruck zu verleihen, fordert Art. 25 CSDDD, dass die Berücksichtigung der Folgen von Entscheidungen in Bezug auf Nachhaltigkeitsaspekte (Menschenrechte, Klimawandel und Umwelt) in die Sorgfaltspflichten und Verantwortlichkeiten für Mitglieder der Unternehmensleitung einzubeziehen ist. Mitglieder der Unternehmensleitung sind nach Art. 3 o) i) CSDDD alle Mitglieder des Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans eines Unternehmens. Bei Pflichtverletzungen sollen diese gegenüber der Gesellschaft für den daraus entstandenen Schaden haften. Der deutsche Gesetzgeber wird dies vermutlich in § 93 AktG umsetzen, um Auswirkungen von Unternehmensentscheidungen auf Nachhaltigkeitsaspekte in den Pflichtenkanon des Vorstands einzubeziehen. Über § 116 AktG, der auf § 93 AktG verweist, dürfte die Berücksichtigung von Menschenrechten und Umweltbelangen analog zu Pflichten des Aufsichtsrats werden. Damit würde ein weiteres Element der Generalnorm des § 111 Abs. 1 AktG (Überwachung der Geschäftsführung durch den Aufsichtsrat) als gesetzliche Pflicht für den Aufsichtsrat kodifiziert und mit einer Haftung belegt.
Art. 26 CSDDD fordert darüber hinaus von den Mitgliedern der Unternehmensleitung die Einrichtung und Kontrolle der notwendigen Maßnahmen zur Erfüllung der Sorgfaltspflicht (Art. 4 CSDDD), insbesondere die Erarbeitung einer unternehmensinternen Sorgfaltspflichten-Richtlinie (Due Diligence Policy). Im dualen deutschen Corporate Governance System bedeutet dies, dass der Vorstand für die Einrichtung der notwendigen Maßnahmen verantwortlich ist, während der Aufsichtsrat den Vorstand dabei berät und überwacht. Folglich wird der Vorstand in der Unternehmensstrategie neben finanziellen Zielen auch ökologische und soziale Ziele berücksichtigen. Zur Erfolgsmessung ist das interne Kontroll- und Risikomanagementsystem (IKS/RMS) um die Ausrichtung nachhaltigkeitsbezogener Zielerreichungsindikatoren einschließlich der Prozesse und Systeme zu deren Ermittlung zu erweitern. Der Aufsichtsrat hat im Rahmen seiner Überwachungsfunktion sicherzustellen, dass Nachhaltigkeit in die Unternehmensstrategie integriert wird und somit bei Unternehmensplanung, -steuerung und Erfolgskontrolle Berücksichtigung findet.
Ferner verpflichtet Art. 15 CSDDD den Aufsichtsrat bei der Festlegung variabler Vergütungsbestandteile für Vorstandsmitglieder, Maßnahmen zur Eindämmung des Klimawandels und deren Ergebnisse zu berücksichtigen. Dazu zählen vor allem die Aufstellung eines Plans, wie das Geschäftsmodell und die Strategie des Unternehmens unter Berücksichtigung der Anforderungen der Stakeholder mit der Transformation zu einer nachhaltigen Wirtschaft und dem Erreichen des 1,5 o C-Ziels des Pariser Klimaabkommens in Einklang gebracht werden sollen.
Zusammenfassend wird die EU vorstehende Corporate Governance Aspekte rechtlich vorschreiben, um ihr Ziel einer nachhaltigen Wirtschaftsordnung zu erreichen. Manche sehen diese Anforderungen schon seit längerem als „gute Corporate Governance“ an. Viele Unternehmen wird die Umsetzung der Vorgaben jedoch vor größere Herausforderungen stellen.
Die CSDDD soll noch in 2023 verabschiedet werden. Dann müsste der deutsche Gesetzgeber diese innerhalb von zwei Jahren in deutsches Recht umsetzen, so dass sie zum 01.01.2025 in Kraft treten dürfte.
Autor: WP/StB/CPA Harald v. Heynitz, München
Ihr Kontakt zu uns
Sie haben Fragen zu unseren Services oder der WTS Advisory? Wir freuen uns auf Ihre Nachricht oder Ihren Anruf!