Am 25.01.2022 hat die Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex mit der Veröffentlichung und Erläuterung von Vorschlägen für Änderungen am Kodex ein Konsultationsverfahren gestartet. Diese Änderungsvorschläge wurden notwendig durch gestiegene Anforderungen an die Berücksichtigung ökologischer und sozialer Nachhaltigkeit bei der Leitung und Überwachung deutscher börsennotierter Unternehmen. Zudem wurden Grundsätze und Empfehlungen des Kodex an die Änderungen des Aktiengesetzes durch das Gesetz zur Stärkung der Finanzmarktintegrität (FISG) und das zweite Führungspositionen-Gesetz (FüPoG II) angepasst.
Bereits in der Kodexreform 2020 wurde die gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen in der Präambel adressiert. Dies muss nun aufgrund gestiegener und eindeutigerer Erwartungen an die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsfaktoren sowie erweiterter Berichtspflichten konkretisiert und ergänzt werden. In ihren Erläuterungen zu den Anpassungen stellt die Kommission fest, dass die „interessenpluralistische Zielkonzeption des Aktiengesetzes“ von der Unternehmensführung verlange, „die Interessen und Erwartungen aller Stakeholder einschließlich der Gesellschaft zu verstehen und zum Ausgleich zu bringen und darauf aufbauend Nachhaltigkeit in der Geschäftsstrategie zu verankern“.
Insbesondere auch wegen der Klarstellung durch den Entwurf der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) müssen Unternehmen nicht nur die sog. outside-in-Sichtweise, sondern auch die inside-out-Perspektive berücksichtigen (sog. doppelte Maßgeblichkeit). Deshalb heißt es nun in der Präambel ergänzend, dass „die Tätigkeiten des Unternehmens Auswirkungen auf Mensch und Umwelt haben und Vorstand und Aufsichtsrat dies bei der Führung und Überwachung des Unternehmens berücksichtigen müssen“.
Dies wird in der neuen Empfehlung A.1 dahingehend konkretisiert, dass der Vorstand die Nachhaltigkeitsrisiken und -chancen für das Unternehmen sowie die ökologischen und sozialen Auswirkungen der Unternehmenstätigkeit systematisch nach den Methoden eines Risikomanagementsystems (RMS) identifizieren und bewerten soll. Aus der Unternehmensstrategie soll ersichtlich werden, wie die Nachhaltigkeitsinteressen aller Stakeholder zum Ausgleich gebracht werden. Dies soll sich in den finanziellen und nachhaltigkeitsbezogenen Zielen der Unternehmensplanung widerspiegeln.
Die erfolgreiche Umsetzung einer Strategie erfordert Maßnahmen zur Unternehmenssteuerung und der anschließenden Erfolgskontrolle. Folglich ist gemäß Empfehlung A.3 das - seit FISG verpflichtend einzurichtende - interne Kontroll- und Risikomanagementsystem auf nachhaltigkeitsbezogene Zielerreichungsindikatoren einschließlich der Prozesse und Systeme zu deren Ermittlung auszurichten.
In der neuen Empfehlung A.6 werden die Aufgaben des Aufsichtsrats zur Überwachung der Integration von Nachhaltigkeit in die Unternehmensstrategie sowie deren Umsetzung bei der Erstellung der Unternehmensplanung, der Unternehmenssteuerung und der Erfolgskontrolle konkretisiert.
Um dazu in der Lage zu sein, fordert die Empfehlung C.1, dass der Aufsichtsrat über die notwendige Expertise zu den für das Unternehmen bedeutsamen Nachhaltigkeitsfragen verfügen soll.
Insbesondere die Umsetzung des FISG im Kodex hat zu Ergänzungen und Änderungen bei den Empfehlungen über die Besetzung des Prüfungsausschusses (D.3 und D.4) und über die Zusammenarbeit mit dem Abschlussprüfer (D.11) geführt.
Im März ist die Frist zur Abgabe von Stellungnahmen abgelaufen. Es bleibt nun abzuwarten, ob diese noch zu Anpassungen an dem Entwurf des geänderten Kodex führen werden.
Autor: Harald von Heynitz
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