Am 23.02.2022 hat die EU-Kommission den Vorschlag für eine Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD; COM(2022) 71 final) vorgelegt. Ziel des Richtlinienvorschlags ist es, Unternehmen zu verpflichten, durch ihre eigene Geschäftstätigkeit und entlang ihrer Wertschöpfungskette verursachte negative Auswirkungen auf Menschenrechte und Umwelt zu ermitteln, zu verhindern oder zu mindern sowie darüber Rechenschaft abzulegen. Um dieser Aufgabe gerecht werden zu können, werden die Mitgliedstaaten verpflichtet, sicherzustellen, dass die Unternehmen die in Art. 4 des Richtlinienvorschlags kodifizierte Sorgfaltspflicht erfüllen.
Die Einhaltung dieser Sorgfaltspflicht erfordert verschiedene Maßnahmen, die in Art. 5 bis 11 des Richtlinienvorschlags konkretisiert werden. Nach Art. 5 müssen die Unternehmen über eine Strategie zur Erfüllung der Sorgfaltspflicht verfügen. Dazu zählt die Existenz eines Verhaltenskodexes und die Einrichtung eines Systems zur Überprüfung der Einhaltung dieses Kodexes im Unternehmen und auch entlang der Wertschöpfungskette. Art. 6 fordert, dass geeignete Maßnahmen ergriffen werden, um tatsächliche und potentielle negative Auswirkungen auf Menschenrechte und Umwelt zu ermitteln, die sich aus eigenen Tätigkeiten der Unternehmen und aus ihren etablierten Geschäftsbeziehungen entlang der Wertschöpfungskette ergeben. Zur Vermeidung bzw. angemessenen Abschwächung ermittelter potentieller negativer Auswirkungen auf Menschenrechte und Umwelt werden die Unternehmen nach Art. 7 verpflichtet, einen Präventionsplan zu erstellen und umzusetzen. Ermittelte tatsächliche negative Auswirkungen auf Menschenrechte und Umwelt sind nach Art. 8 durch geeignete Korrekturmaßnahmen zu beheben oder, sofern dies nicht möglich ist, weitestgehend zu minimieren. Gemäß Art. 9 müssen die Unternehmen ein Beschwerdeverfahren einrichten. Ferner sind die Unternehmen verpflichtet, mindestens einmal pro Jahr die Wirksamkeit ihrer Strategien und Maßnahmen zu überprüfen und eventuell anzupassen (Art. 10) sowie im Rahmen der Berichterstattungspflichten nach der CSRD über die Maßnahmen sowie deren Management und Überwachung zu informieren (Art. 11).
Speziell für die Eindämmung des Klimawandels legt Art. 15 zusätzlich fest, dass die Unternehmen mittels eines Plans sicherstellen müssen, dass ihr Geschäftsmodell und ihre Strategie mit dem Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaft und der Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5O C gemäß des Pariser Klimaabkommens vereinbar sind. Sollte der Klimawandel ein Hauptrisiko oder eine Hauptauswirkung der Unternehmenstätigkeit darstellen, müssen die Unternehmen Emissionsreduktionsziele in ihren Plan aufnehmen. Sofern die Vergütung des Managements variable Bestandteile enthält, die an langfristige Interessen und die Umsetzung der Nachhaltigkeitsstrategie des Unternehmens geknüpft sind, sind die Anforderungen aus Art. 15 in die Ermittlung der variablen Bezüge einzubeziehen.
Die Mitgliedstaaten werden eine Aufsichtsbehörde für die Überwachung der Einhaltung der vorstehend beschriebenen Verpflichtungen benennen. In Deutschland wird voraussichtlich das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) zuständig werden. Die Befugnisse des BAFA umfassen Auskunftsverlangen sowie das Recht zu Untersuchungen. Wird bei diesen Untersuchungen ein Verstoß gegen die aufgrund dieser Richtlinie erlassenen nationalen Vorschriften festgestellt, müssen die Unternehmen die festgestellten Verstöße zunächst beseitigen. Nach Art. 20 können zusätzlich verwaltungsrechtliche Sanktionen verhängt werden, die zu veröffentlichen sind („naming and shaming“). Die Sanktionen reichen von Bußgeldern bis zum Ausschluss von öffentlichen Aufträgen und Fördermaßnahmen. Art. 22 sieht darüber hinaus auch eine zivilrechtliche Haftung für Schäden vor, wenn das Unternehmen die Verpflichtungen aus Art. 7 (Vermeidung potentieller negativer Auswirkungen) und Art. 8 (Behebung tatsächlicher negativer Auswirkungen) nicht erfüllt hat und deshalb die negativen Auswirkungen eingetreten sind. Die Einhaltung der Sorgfaltspflicht wird folglich durch eine privatrechtliche Haftung in Kombination mit verwaltungsrechtlichen Durchsetzungsbefugnissen des BAFA sichergestellt.
Zusätzlich werden die einschlägigen gesellschaftsrechtlichen Gesetze für Geschäftsführer/Vorstände sowie deren Aufsichtsgremien vorschreiben, dass es zu ihren Pflichten gehört, Nachhaltigkeitsaspekte einschließlich der Folgen für Menschenrechte, Klimawandel und Umwelt bei ihren Entscheidungen zu berücksichtigen (Art. 25). Der Richtlinienvorschlag konkretisiert, dass die Einrichtung und Kontrolle der Maßnahmen und insbesondere die Strategie zur Erfüllung der Sorgfaltspflicht in der Verantwortung der Unternehmensleitung (Vorstand und Aufsichtsrat) liegen. Somit haften die Gremien auch für Verstöße gegen diese Pflichten.
Der vorliegende Richtlinienvorschlag geht somit über das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz hinaus, weil er unter bestimmten Voraussetzungen Vorgaben zu Treibhausgasemissionen und zu spezifisch klimabezogenen Risiken enthält sowie eine privatrechtliche Haftung der Unternehmen für Schäden umfasst.
Autor: WP/StB/CPA Harald v. Heynitz, München
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